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FAQ zum Artenschutzrecht: Wann ist das Tötungsrisiko signifikant erhöht?

Räumliche Verteilung von Flugbeobachtungen beim Mäusebussard (vermessen mit einem LaserRangeFinder, Anzahl Messpunkte: 7375)

Dr. Matthias Schreiber

Anlass für diese Überlegungen war ein Beitrag von Lukas und Schröter in Heft 5/2022 in Naturschutz und Landschaftsplanung („FAQ zum Artenschutzrecht“), in dem u.a. die Auffassung vertreten wurde, bei der Frage der Signifikanz handele es sich im Wesentlichen um eine wertende naturschutzfachliche Beurteilung. Die dazu eingereichten Anmerkungen wurden von der Redaktion abgelehnt. U.a. wurde dies mit der Gefahr begründet, dass eine Erwiderung auf die Rubrik „Naturschutz und Planungsrecht“ dazu beitragen könnte, „Praktiker insbesondere in Planungsbüros auf's Glatteis zu führen“. Die Praktiker sind angesichts unbestimmter Rechtsbegriffe im Artenschutz aber längst auf dem Glatteis unterwegs. Die Rutschfestigkeit wird nicht dadurch erhöht, dass man sie Glauben macht, die wesentliche Zuständigkeit für die Ausfüllung eines unbestimmten Rechtsbegriffs zu haben. In der Praxis zeigt sich schon die nahezu unbegrenzte Bandbreite eines solchen Verständnisses, was regelmäßig Anlass für gerichtliche Überprüfungen gibt. Es wäre daher wohl zuträglicher gewesen, den mit einem Hochschulabschluss versehenen Praktikern die Diskussion um die eigene Rolle beim Umgang mit dem Signifikanzbegriff zuzumuten.

Nachfolgend nun die Erwiderung auf den oben genannten Beitrag, die um einschlägige Textstellungen aus einer Antwort auf die Ablehnung ergänzt worden ist:

Lukas und Schröter (2022) haben den Versuch unternommen, in komprimierter Form für einige sehr komplexe und diffizile Begriffe aus dem Artenschutzrecht eine Erläuterung zu geben. Dabei sind den Autoren jedoch Ungenauigkeiten unterlaufen, die einer Erwiderung bedürfen.

So vertreten sie zu der Frage, ob das Verletzungs- und Tötungsrisiko für Exemplare im konkreten Einzelfall signifikant erhöht sei, die Auffassung, dass es sich dabei „im Wesentlichen um eine naturschutzfachliche Beurteilung“ handele. Das ist unzutreffend. Ein Biologe kann im konkreten Fall die Feststellung treffen, ob das Tötungsrisiko erhöht ist, er kann diese Erhöhung bei hinreichend großem Untersuchungsaufwand auch quantifizieren. Ihm obliegt es jedoch nicht, den unbestimmten Rechtsbegriff der Signifikanz aus § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG zu interpretieren. Das hätte durch den Gesetzgeber erfolgen oder aber anschließend durch die Rechtsprechung konkretisiert werden müssen.

Dem Bundesnaturschutzgesetz ist eine konkrete Festlegung auf eine Signifikanzschwelle nicht zu entnehmen. Das gilt im Übrigen auch für die Anfang Juli 2022 im Bundestag beschlossene Gesetzesänderung. Ebenso wenig hier helfen die Auslegungen des Bundesverwaltungsgerichts nicht weiter. Es erfolgt zwar eine Orientierung am allgemeinen Lebensrisiko eines Individuums, darüber hinaus wird aber ein „bunter Strauß“ unterschiedlicher Konkretisierungen präsentiert, der in der Praxis nicht weiterhilft. Zwei Beispiele mögen die Bandbreite verdeutlichen (ausführlich in Schreiber 2017):

Untauglich ist z.B. die Maßgabe, wonach das vorhabenbedingte Tötungsrisiko vergleichbar dem Risiko sein darf, „z.B. von einem Raubvogel geschlagen zu werden“ (Urteil vom 09.07.2008, An. 9 A 14.07, Rn. 91). Dieses Risiko ist nämlich höchst unterschiedlich. Beim Seeadler z.B. dürfte es gleich Null sein. Danach wäre bei ihm also praktisch jede Erhöhung des Tötungsrisikos signifikant. Ganz anders sieht dies bei mittelgroßen Singvögeln wie der Amsel aus, die im Beutespektrum gleich mehrerer Greifvögel eine Rolle spielt.

Ebenso wenig ist der Maßstab anwendbar, wonach ein Risikobereich hinzunehmen sei, „der mit einem Verkehrsweg im Naturraum immer verbunden ist“ (Urteil vom 13.05.2009, Az. 9 A 73.07, Rn. 86). Damit würde der Verbotstatbestand nämlich praktisch aufgehoben, denn das Risiko ist an einem Standort immer so hoch, wie es dort nun einmal ist (bzw. nach Durchführung von Vermeidungsmaßnahmen eben bleibt): Das gilt für eine WKA in 300 m zu einem Rotmilan- oder Mäusebussardnest ebenso wie bei einem Abstand von 1.200 m – die Signifikanzschwelle verkäme damit zu einem lapidaren „es is‘ wie es is‘ – nur eben nicht signifikant“!

Als handhabbare Signifikanz-Auslegung erweist sich hingegen die präzisierte Vorstellung, „dass das Tötungsverbot nicht erfüllt ist, wenn die betriebsbedingte Gefahr von Kollisionen im Straßenverkehr unter Berücksichtigung der vorgesehenen Schadensvermeidungsmaßnahmen innerhalb des Risikobereichs verbleibt, der mit einem Verkehrsweg im Naturraum immer verbunden ist, vergleichbar dem Risiko, dem einzelne Exemplare der jeweiligen Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens stets ausgesetzt sind.“ (Urteil vom 8. Januar 2014, Az. 9 A 4.13, Rn. 99). Damit ist die allgemeine Mortalität von Individuen angesprochen (einschließlich anthropogen bedingter Todesursachen). Legt man dieses Verständnis zugrunde, so darf ein projektbedingtes Risiko ein Ausmaß annehmen, welches der natürlichen Mortalität entspricht, also deren Verdopplung zulässt, ohne dass der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ausgelöst wird. Im Weiteren spricht das Gericht aber auch von einer „Bagatellgrenze“. Ob es eine Verdopplung des Tötungsrisikos für eine Bagatelle hält oder doch lediglich eine Zunahme deutlich unterhalb der Verdopplung durch das Signifikanzmerkmal gedeckt sieht, bleibt unklar. Zumindest hätte das Bundesverwaltungsgericht so eine Obergrenze (Verdopplung der natürlichen Mortalität) eingezogen. Ob die Vorstellung auch fachlich auf Zustimmung stößt, wonach eine signifikante Erhöhung erst bei einer Verdopplung des Tötungsrisikos eintritt, muss der weiteren Diskussion vorbehalten werden. Bis jetzt bleiben die Artspezialisten als die eigentlichen Experten aus der Fachwissenschaft zu diesen Fragen aber eine Antwort schuldig. Ebenso wird zu klären sein, ob die Zulässigkeit einer systematischen Erhöhung der Mortalität bis zur Signifikanzgrenze nicht ihren Niederschlag durch umfangreichere Kompensationen erfahren muss.

Ob diese Versuche der Konkretisierung dem entsprechen, was dem Gesetzgeber vorgeschwebt hat, bleibt vorerst offen. Jedenfalls geht auch das juristische Schrifttum davon aus, dass es sich bei der Frage der Signifikanz um eine normative handelt:

So führt Gellermann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht zum § 44 Abs. 1 unter der Randnummer 51 aus: „Um die artenschutzrechtliche Verbotsfolge zu aktivieren, müssen daher besondere Umstände bestehen, die den Schluss auf ein über dieses Grundrisiko hinausgehendes und in diesem Sinne signifikant erhöhtes Tötungsrisiko zulassen. Einer normativen Konkretisierung dieser Signifikanzschwelle hat sich der Gesetzgeber allerdings enthalten. Die Gesetzesbegründung belässt es in diesem Zusammenhang bei dem Hinweis auf „projekt- und artbezogene Kriterien sowie weitere naturschutzfachliche Parameter“ (BT-Drs. 18/11939, S. 17), ohne dass sich damit ein sonderlicher Erkenntnisgewinn verbände.“

Der Umweltrechtsausschuss des Deutschen Anwaltsvereins schreibt in NuR 44 (2022) auf S. 249: „Die Festlegung, ob im konkreten Fall das Tötungs- und Verletzungsrisiko „signifikant“ erhöht wird, enthält Elemente wertender, nicht der naturschutzfachlichen Einschätzung unterliegender Betrachtung, dabei handelt es sich um eine normative Konkretisierung des unbestimmten Kriteriums der Signifikanz der Risikoerhöhung. Dies Konkretisierung ist keine fachliche, sondern eine rechtliche Frage.“ Die Autoren verweisen hier ausdrücklich auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BvR 2523/13; Rn. 34), der die wertenden Elemente benennt, „die sich daher nicht beweisen lassen (OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19. Januar 2012 - 2 L 124/09 -, juris, Rn. 46), wäre dies eine Frage der weiteren, auf bestimmte Risikoerhöhungen bezogenen normativen Konkretisierung des unbestimmten Kriteriums der Signifikanz der Risikoerhöhung.“

Auf genau diese Textstelle verweist Lukas in seiner Dissertation selbst und führt dann aus: “Enthält eine Feststellung auch Elemente wertender, nicht der naturschutzfachlichen Einschätzung unterliegender Betrachtung, die sich daher nicht beweisen lassen, handelt es sich um eine Frage der normativen Konkretisierung. Diese obliegt grundsätzlich den Verwaltungsgerichten, nicht den Behörden, wie das Bundesverfassungsgericht betont hat. Denn für eine Letztentscheidungskompetenz der Administrative bedürfte es eines hinreichend deutlichen gesetzlichen Anknüpfungspunkts. In Bezug auf das Kriterium der Signifikanz ist ein solcher in § 44 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG nicht vorhanden.640 Zwar verweist § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG auf „fachlich anerkannte Schutzmaßnahmen“. Jedoch bezieht sich der Verweis nicht auf das Signifikanzkriterium, sondern das ergänzende (vgl. den Wortlaut „und“) Vermeidungsgebot. Eine typische Feststellung wertender Betrachtung im Kontext des Signifikanzkriteriums ist beispielsweise die Annahme, die Grenze könne in Bezug auf Windenergieanlagen bei durchschnittlich zwei Fledermäusen pro Jahr und Anlage gezogen werden. Dies ist eine normative Wertung, keine reine Tatsachenfrage.

Die Frage einer bestimmten Risikoerhöhung bzw. eines Schwellenwertes unterliegt damit der vollen gerichtlichen Kontrolle. Bei einem Punkt wertender Betrachtung jenseits von Tatsachenfragen im Verwaltungsprozess eine verwaltungsbehördliche Einschätzungsprärogative anzunehmen, wäre damit verfassungswidrig (Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG).“

In diesem Sinne dann am 11.12.2020 auch die UMK-Konferenz, die feststellt: „Die Bestimmung dieser „signifikanten“ Risikoerhöhung setzt eine wertende Betrachtung voraus. Diese wertende Betrachtung soll nach Maßstäben und mit Methoden erfolgen, die eine objektive und vergleichbare Beurteilung entsprechender Sachverhalte ermöglicht. In diesem Zusammenhang hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass der Gesetzgeber zwar kurzfristig darauf vertrauen können mag, dass sich fachliche Wissenslücken durch Erkenntnisfortschritte in Fachkreisen und Wissenschaft schließen, längerfristig jedoch, sofern die fachlichen Zusammenhänge weiter ungeklärt sind, für eine zumindest untergesetzliche Maßstabsbildung und Methoden zu sorgen oder wenigstens genauere Regeln für die behördliche Entscheidung zwischen mehreren vertretbaren Auffassungen vorzugeben hat.“

Umgekehrt hat das OVG Lüneburg deutlich gemacht, dass die Signifikanz im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 nicht im naturwissenschaftlichen Sinn zu verstehen ist: „Der Begriff der „Signifikanz“ wird vom Bundesverwaltungsgericht in diesem Zusammenhang - wie der weitere Kontext der Urteilsausführungen erkennbar macht - ersichtlich als eine „deutliche“ Steigerung des Tötungsrisikos und nicht - wie die Kläger unter Hinweis auf die Begriffsverwendung im Bereich der Statistik annehmen - im Sinne einer Abgrenzung zu „zufälligen“ Ergebnissen verstanden.“ (Urteil des OVG Lüneburg vom 10.11.2008, Az. 7 KS 1/05, 2.7.1.2).

Es lässt sich zusammenfassen: Erst dann, wenn eine klare normative Festlegung erfolgt ist, in welchem Ausmaß sich das Tötungsrisiko durch ein Vorhaben erhöhen darf, ohne dass eine signifikante Erhöhung im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG vorliegt, kann eine fachwissenschaftliche Antwort geliefert werden, ob diese Grenze überschritten wurde. Dazu sind dann verhaltensökologische Untersuchungen in Verbindung mit probabilistischen Überlegungen anzustellen (siehe z.B. Schreiber 2021a). Die von den Autoren benannten naturschutzfachlichen Beurteilungen (wie z.B. Gefährdung) spielen dagegen allenfalls bei der Ausnahmeprüfung eine Rolle. Und planerische Überlegungen kommen erst bei der Frage zum Einsatz, ob es geeignete Vermeidungsmaßnahmen gibt und wo und wie diese umzusetzen sind.

MGI als Maßstab für die signifikante Erhöhung?

Die Autoren messen ferner dem Leitfaden „Übergeordnete Kriterien zur Bewertung der Mortalität wildlebender Tiere im Rahmen von Projekten und Eingriffen“ (Bernotat und Dierschke 2021) im Kontext der signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos eine Bedeutung zu. Das bietet Anlass, auf eine mittlerweile nur noch ärgerlich zu nennende Verkürzung hinzuweisen, die sich mit diesem Leitfaden wie Schadsoftware auf einem ungesicherten Computer in der Planungs- und Genehmigungspraxis ausbreitet.

Der sogenannte MGI (Mortalitäts-Gefährdungs-Index) ist keine geeignete Größe, um das artenschutzrechtliche Tötungsrisiko des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG zu beurteilen. Denn wie Lukas und Schröter (2022) zutreffend anmerken, wird darin „die naturschutzfachliche Bedeutung mit der populationsbiologischen Empfindlichkeit einer Art über eine Matrix verschnitten“. Ein solcher Ansatz ist sinnvoll, wenn es um die Frage der artenschutzrechtlichen Ausnahme geht, bei der auch die verwendeten naturschutzfachlichen (z.B. Einstufung in der Roten Liste) und populationsbiologische Parameter (z.B. Reproduktionsrate; Gesamtbestand) eine Rolle spielen dürfen. Für die Beurteilung des Verbotstatbestandes selbst ist diese Vermengung jedoch unzulässig. Hier ist allenfalls die im Leitfaden ebenfalls zu findende artspezifische Gefährdungseinstufung zu gebrauchen (für die Beurteilung von Windkraftanlagen die Spalteneinstufungen in Tab. 12-1 bzw. entsprechende Tabellen für die anderen Konfliktbereiche), wobei gerade zur Windkraft eine viel zu starke Verengung auf die Ergebnisse der Schlagopferlisten stattgefunden hat und damit die allgemeinen Merkmale zur Beurteilung des Tötungsrisikos in den Hintergrund getreten sind, die das Bundesverwaltungsgericht und auch die UMK-Konferenz 2020 benannt haben (siehe Schreiber 2021b).

Literatur:

BERNOTAT D, DIERSCHKE V (2021): Übergeordnete Kriterien zur Bewertung der Mortalität wildlebender Tiere im Rahmen von Projekten und Eingriffen Teil II.3: Arbeitshilfe zur Bewertung der Kollisionsgefährdung von Vögeln an Windenergieanlagen (an Land) 4. Fassung, Stand 31.08.2021. 107 S.

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